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Familien-Bande, Teil II

Da fährt man also ans andere Ende der Welt, und plötzlich sammelt man einen Verwandten nach dem anderen ein. Hätte ich geahnt, dass Amerika so viele Hahnfeldt's im Angebot hat, womöglich wäre ich schon früher gefahren, so aber erfahre ich erst heute, dass auch Ray ein Cousin ist; sein Großvater und mein Ur-Großvater hatten denselben Großvater - und das führt uns alle irgendwie zusammen. 

Zu verdanken habe ich diesen Kontakt meinem anderen neuen Cousin, Bill Hahnfeldt aus Wisconsin; erstmalig vor wenigen Tagen getroffen und Hüter des Stammbaums. Es gibt nichts, was Bill nicht wüsste, kein Hahnfeldt, der an ihm vorbeikommt, man muss ihm nur kurz eine Frage zum Verwandtschaftsgrad schicken, Minuten später folgt eine detaillierte Auflistung der Vorfahren.

Ray nun stammt aus Minnesota, er ist dort aufgewachsen, er ist dort zur  Schule gegangen, an der University of Minnesota hat er studiert, Fachrichtung Psychologie,  und wenn ich mir früher einen Verwandten im Westen gewünscht hätte, er hätte genauso ausgesehen, er hätte diese genau einnehmend angenehme Art gehabt, und vermutlich hätte er in meiner Vorstellung genauso gewohnt, in einem Haus nämlich mit beinahe ebenso vielen Zimmern wie J.R's Southfolk Ranch; sein Rasenmäher ist so groß wie unser Auto.

Zu Ray gehört die ebenso charmante Barb (eigentlich Babara), mit 17 sind sich die beiden beim Tanzen über den Weg gelaufen, seitdem gehören sie zusammen. Sie haben drei Söhne, noch mehr Hahnfeldts.

Ray behauptet, 66 Jahre zu sein, aber das kann irgendwie nicht stimmen. Er strahlt eine Jugendlichkeit aus,  wie andere sie mit 30 nicht haben, er wirkt wie jemand, der das Leben von der leichten Seite nimmt. Außerdem hat er Humor; kauft sich zu Lebenszeiten bereits seinen Grabstein; die Nachbarn auf dem Friedhof sind dieselben wie im Haus nebenan. 

Unsere Kennlernphase bestand aus lediglich zwei Mails: Ich schrieb, dass ich gerade in Minnesota sei und  lud mich auf einen Kaffee ein; er schrieb: "I would love to have you visit" - danach waren wir Cousin und Cousine. Bei anderen aus der Familie funktionierte das nicht halbwegs so gut; der eine immerhin wünschte in seiner knappen Antwort noch eine gute Reise, der Rest schwieg still.  

Ray, Barb und ich haben dann Brezeln und Käse gegessen, sind auf den Friedhof gefahren und haben über Trump gesprochen. Ray ist Stadtrat, gehört aber keiner Partei an, ich war dann doch etwas erleichtert. Es war ein Gespräch wie unter alten Bekannten. Wir zeigten uns gegenseitig Fotos, und irgendwie freuten wir uns, wenn wir Gemeinsamkeiten fanden. Einer ihrer Söhne hat über Jahre die Musik für Prince im Studio gemischt. Hahnfeldt und Prince - man kann das googeln, das ist quasi eins. 

Kürzlich sagte mir jemand, dass es ihm egal sei, woher er stammt; wir sprachen gerade über den in den USA themabestimmenden Gentest. Er fragte mich: "Wozu soll das gut sein? Was bringt es mir zu wissen, wo meine Wurzeln sind? Mir genügt es zu wissen, wer ich bin."

Ray sagt, er findet es gut, deutsche Vorfahren zu haben. Bill, mein anderer Cousin, findet das auch. Schade, dass Prince schon tot ist.  

Nach meinem Besuch erhielt ich von Ray eine Mail mit den Worten: "You have created a renewed interest in visiting Germany and perhaps visit your hometown someday."

Die Welt ist rund, und alles gehört irgendwie zusammen. 

Beruhigend, das zu wissen. 

"Hahnfeldt und Prince - man kann das googeln, das ist quasi eins.